Die Suche
Irgendwann mit 12 Jahren hörte ich zum ersten Mal Pink Floyd. Meine Schwester war 3 Jahre älter als ich und lauschte einer Kassette mit dieser für mich so elektrisierend anderen Musik. Es lief „Shine on you crazy diamond“. Etwas ähnliches hatte noch nie den Weg in meine Gehörgänge gefunden. Hatte ich bis dahin weitgehend kritikfrei bei den Eltern die „Hitparade“ mitgehört, war es damit ein für alle Mal vorbei. Man könnte auch sagen: „Willkommen in der Pubertät“ – damals war Musik ja noch das bestgeeignete Mittel, seinen Eltern auf unmissverständliche Weise zu signalisieren, dass man längst eine höhere Bewusstseinsebene erlangt hat. Natürlich stimmte das nicht. Aber zumindest fühlte sich das ein Stück weit so an.
Ganz zu Anfang war mir noch nicht bewusst, wie diese Musik und diese Klänge entstanden sind. Der Begriff „Synthesizer“ war mir noch nicht geläufig. Ich wusste nicht einmal von der Existenz eines solchen Instrumentes. Aber mein Musikgeschmack entwickelte sich in dieser Zeit und ich begann in Plattenläden zu gehen, um mir Alben per Kopfhörer anzuhören. Damals nahm man noch eine vermeintlich gute Langspielplatte aus dem Verkaufsständer und ging mit dieser zum Verkäufer – in der Hoffnung, er würde sich gnädig zeigen und diese Platte mal kurz auflegen. Während man sich heute per Internetradio oder Youtube in Kürze eine Gesamtübersicht aller Musikrichtungen dieses Planeten verschaffen kann, entwickelte man damals im Plattenladen verschiedene Strategien, die persönlichen Perlen herauszufischen.
Eine meiner Strategien war zum Beispiel das Finden cooler Schallplatten Cover – ein ästhetisch gestaltetes Plattencover war oft ein erster Hinweis auf potentiell gute Musik.
Irgendwann so mit 14 Jahren wusste ich ziemlich genau, welche Art von Musik mir fast immer gut gefiel – Musik die einen hohen elektronischen Anteil hatte – Musik, produziert mit Synthesizern. Ich hatte damals glaube ich die halbe Klassenfahrt in einem Plattenladen in Erlangen verbracht, um mir Kraftwerk’s „Autobahn“ immer und immer wieder anzuhören.
Die Gewissheit
Einen Sommer später verbrachte ich zwei Wochen der großen Ferien bei meiner Oma in Wanne Eickel (heute Herne). In Herne gab es einen recht gut ausgestatteten Plattenladen und meine Suchstrategie hatte sich aufgrund von Kraftwerk grundlegend verändert. Fortan suchte ich nach Platten, bei denen möglichst viele Synthesizer im Spiel waren. Ich stieß dann plötzlich auf eine Scheibe, bei der sowohl meine frühere Suchstrategie als auch meine neue Rasterfahndung angesprochen wurde. „Stratosfear“ von Tangerine Dream. Meine Güte – diese Equipmentlisten. Meine Begeisterung für kurze und abgehackte Moog Sequenzer Sounds und atmosphärische und dichte Klanggebilde – all dies wurde von diesem Album geprägt. Es war um mich geschehen. Meine Bestimmung war festgelegt. In diesem Sommer änderte sich mein Leben. Meine Begeisterung für Synthesizer war völlig außer Kontrolle geraten. Ich musste so ein Gerät besitzen. Zwei weitere Jahre Überzeugungsarbeit und Sparen waren nötig, um mit 16 Jahren dann endlich ein solches wundersames Gerät in den Händen zu halten. Leider reichte das Geld nur für einen Korg MS-20. Damit konnte ich weder die staccatohaften Moog Sequenzersounds erzeugen noch einen tragenden und warmen Lead Sound wie etwa die Melodiestimme von „Shine On you crazy diamond“ – aber ein Minimoog war finanziell einfach unerreichbar für mich.
Dannebroek I
Kurz nachdem mein Equipment um einen alten, gebrauchten Crumar Multiman S erweitert worden war, gründete ich mit einem Freund die erste und einzige Band, mit der ich Auftritte absolvierte: „Dannebroek“. Der Name ergab keinen wirklichen Sinn – aber er klang irgendwie nordisch und nicht wirklich deutsch – was uns damals gefiel. Wir spielten fast ausnahmslos Instrumentalmusik. Bis zum ersten Auftritt hatte ich mir einen richtigen Instrumentenpark angeschafft – Der MS-20, der Multiman S, ein geliehenes WEM Copycat und meine Geheimwaffe – einen Badstone Phaser von Electro Harmonix. Zur Verstärkung hatte ich einen kräftigen Röhrenverstärker und eine PA Box mit E-Voice 15L Speaker und Fane Treiber – damit konnte man richtig viel Lärm machen. Nach einem knappen Dutzend Auftritten war es aber auch schon wieder vorbei. Unser Bassist verließ uns wegen seines Studiums und unsere Musik wurde von der neuen deutschen Welle gefressen – wir fanden keinen Bassisten, um das fehlende Fundament wieder auszugleichen. Niemand wollte in einer instrumentalen Krautrock Band mitspielen. Ausserdem waren meine beiden verbliebenen Mitstreiter bereits mit einer weiteren Band aktiv und so löste sich Dannebroek auf.
Auf Solopfaden: Dannebroek II
So ein Soloprojekt hat natürlich auch Vorteile. Ich hatte die Kontrolle über alles. Auftritte waren kürzer und brachten mehr Geld ein. Trotzdem wurde mir das Aufnehmen von Musik wesentlich wichtiger als die Auftritte. Zu der Zeit arbeitete ich im lokalen Musikalienhandel. So hatte ich Zugriff auf das ganze angebotene Instrumentarium. Ich wohnte eine Zeit lang direkt über dem Geschäft und fühlte mich mit meinem Geschäftsschlüssel wie im Paradies. Zum Musik machen ging ich einfach in den Laden. Per C-LAB Supertrack konnte ich plötzlich halbwegs professionell Musik produzieren und auf DAT aufnehmen.
Familienzuwachs machte es notwendig, die kleine Ein-Zimmer-Wohnung über dem Musikgeschäft zu verlassen und auf’s Land zu ziehen. Also musste eigenes Equipment angeschafft werden. Mein Equipment bestand nun eine ganze Zeit aus den folgenden Instrumenten und Effekten:
1x Roland D-550
2x Roland MKS-50
1x Yamaha DX7 II
1x Roland D110
Korg MS-20
Roland M240 Line Mixer
Yamaha SPX-50
Atari 1040ST
C-LAB Notator Software
Mit diesem Equipment ist einiges an Musik produziert worden. Unglücklicherweise sind ein paar Aufnahmen erhalten geblieben:
Jörg Schaaf – Flyday
Jörg Schaaf – ohne Titel 01
Jörg Schaaf – ohne Titel 02
Jörg Schaaf – ohne Titel 03
(hätte nie gedacht, dass ich mich mal trauen würde, diesen Titel hochzuladen. Man beachte die D550 Bläser Einwürfe (pfui).
Demnächst geht es hier natürlich weiter mit den 90er Jahren. Wenn Sie nichts verpassen möchten, empfehle ich den Blog zu abonnieren. Sie werden dann informiert, wenn sich etwas auf der Seite ereignet.
das Wunderbare ist, die musikalische Handschrift entwickelt sich sehr schnell verfeinert sich über Jahrzehnte.
Ich freue mich auf Deiner Website zu sein!
sG!
Wie sonst auch, Jörg ist sehr kreativ und originell, macht viel Spaß zu lesen und zu hören…
Früher Besucher des Schönaus
Macht großen Spass zu lesen!
Ich finde da ein paar Paralellen und ein paar Unterschiede zu mir selbst. Daher ist das sehr inspirierend. Meine Liebe zu elektronischen Instrumenten entstand erst, als ich schon ein etwas erfahrenerer Musiker war, fand aber trozdem noch in der Zeit statt als das Zeug sehr teuer war. Ich behaupte trozdem, dass es damals einfacher war in die Materie einzusteigen, weil die Verwirrung um Trends, Hypes und „amtliche“ Sounds noch nicht so da war.
Ich freu mich auf weiteres.